Das Seewasser ist spiegelglatt. Beschaulich brummt der Motor des Bootstaxis. Im Faaker See spiegelt sich der Beinahe-Vollmond, während mich Bootsführer Jovo vom Inselhotel zum Festland chauffiert. An Land werde ich bereits erwartet. Der drahtige ältere Herr heißt Sepp Egarter und ist Bergführer. Er lässt mich zu sich ins Auto steigen. Alles scheint zu schlafen, nur nicht Sepp, Jovo, der wieder zurück zur Insel tuckert, ein Hase, der mutig vor unserem Auto die Straße quert und ich. „Oben im Fels wird es jetzt im Juli schnell sehr warm, deshalb müssen wir früh starten“, versucht Sepp zu rechtfertigen, warum er 4.00 Uhr als Treffpunkt vorgeschlagen hat. So prächtig die monumentale Felspyramide vom Faaker See aus anzusehen ist, so wenig Schutz vor Sonne bietet der Mittagskogel schon in der Früh an seiner Nord-Ost-Seite.

In Unteraichwald verlassen wir die Hauptstraße und fahren weiter Richtung Süden. „Der obere Teil der Forststraße ist, speziell nach starken Regenfällen, sehr ausgewaschen und kaum mit einem PKW zu befahren“, weiß mein Begleiter. Wir erreichen mit seinem geländegängigen Auto einen kleinen Parkplatz im Wald, auf 1.200 Meter Seehöhe. Gegen 4.30 Uhr starten wir und steigen, ausgerüstet mit Stirnlampen, steil durch dichten Wald bergwärts. 330 Höhenmeter später kommen wir an der Bertahütte, der einzigen bewirtschafteten Hütte hier oben, vorbei. Langsam wird es Tag. Knapp nach der Hütte haben wir freien Blick auf unsere Route, einen steil aufragenden Felsgrat. „Die Tour am nicht markierten Nord-Ost-Grat ist nur für ortskundige, sehr trittsichere klettererfahrene Alpinisten und bei guter Sicht ratsam. Das Gelände ist steil und wir klettern im 2ten bis 3ten Grad“, betont der Bergprofi. Als wir, nach einer Stunde Gehzeit, die Bergstöcke verstauen und den Helm aufsetzen, begrüßen uns erste Strahlen der aufgehenden Sonne. Ab nun ist konzentriertes Steigen, oft die Hände zu Hilfe nehmend, angesagt. Zügig geht es – weil Sepp weiß wo – nach oben. Links begleiten uns noch eine Weile Latschen. Irgendwann ist es aber auch ihnen zu hoch. Jetzt ist nur noch Fels um uns. Immer wieder stoppt Sepp: „Es gehört zu dieser Tour einfach dazu, den einzigartigen Ausblick auf den Faaker See und auf Villach zu genießen“, sagt er. Noch vor sieben Uhr sind wir „oben“. Genauer gesagt beim Mittagskogel Ostkreuz. Noch ein Blick den Grat hinab, ehe es zum Hauptgipfel geht. In 2.145 Metern Höhe stehen wir, an der Grenze zu Slowenien, auf Villachs markantestem Hausberg. Der Morgen ist klar. Wir blicken auf das Villacher Becken: Vor uns liegt der Faaker See samt Insel und Inselhotel. Nord-westlich befindet sich das Zentrum von Kärntens zweitgrößter Stadt. Im Osten ist der langgezogene Wörthersee auszumachen.

 

Bildergalerie – vom Faaker See zum Mittagskogel

Der Dobratsch – Berg-See-Panoramablick

„Im Süden und Südwesten sehen wir die Julischen Alpen, von Triglav und Mangart bis Montasio“, lenkt Sepp meine Aufmerksamkeit auf das Alpinpanorama. Weiter im Westen erkennen wir einen wuchtigen, breiten ost-west-ausgerichteten Bergrücken – den Dobratsch. Villachs 2.166 m hohen, zweiten Hausberg. Ihn haben wir erst vor drei Tagen per Alpenstraße erklommen. „Typisch für den Plateauberg sind der östliche stufenförmige Anstieg und die steilen Abbrüche im Süden, Westen und Norden“, weiß Gerhard Hohenwarter. Der Bergsteiger und pensionierte Villacher AHS-Professor befasst sich seit Jahrzehnten mit der Geologie des Massivs, das auch Villacher Alpe genannt wird. „Brüche, Klüfte und Risse, die quer durch den Berg verlaufen sind charakteristisch für Gebirge aus Wettersteinkalk“, verrät er. „Die senkrecht aufragenden Kalksteinschichten sind für Bergstürze verantwortlich, die es hier auf der Südseite, insbesondere im Bereich der ‚Roten Wand‘ immer wieder gibt. 15.000 vor Christus hat es einen Abbruch enormen Ausmaßes gegeben. 1348 einen gewaltigen, der historisch dokumentiert ist. Und 2015 den letzten, wenn auch deutlich kleineren“, erzählt Hohenwarter. Typisch für den Berg ist seine enorme Pflanzenvielfalt. Botanikerin und Kräuterexpertin Christine Spazier führt uns das im Alpengarten auf 1.500 m Höhe, wo 800 Alpenpflanzen gedeihen, anschaulich vor Augen. 1973 eröffnet, breitet sich dieser auf einem schmalen Geländestreifen direkt am südlichen Felsabbruch aus. „Die botanischen Voraussetzungen sind einmalig. Hier ist Kalkgestein als Untergrund, kombiniert mit eiszeitlichen Urgestein-Überbleibseln, zu finden. Und die Rote Wand bringt warme Winde, sorgt aber auch für Feuchtigkeit spendenden Nebel“, erläutert Spazier. Nur logisch, dass der Berg als „Naturpark Dobratsch“ unter Schutz steht. „Die enorme Beliebtheit als Wander- und Aussichtsberg gilt es, mit dem Schutz der Tier- und Pflanzenwelt zu vereinen“, beschreibt Naturpark-Manager Robert Heuberger seine Aufgabe. „Zentral ist, dass Wanderer auf den markierten Wegen bleiben. Schutz- & Ruhezonen müssen Tabu sein. Um Tieren Ruhe zu gönnen, gibt es auch ein Nachtfahrverbot auf der Alpenstraße“, betont der Naturpark-Chef. „Weil der Berg Villachs Trinkwasserspeicher ist, ist Schutz enorm wichtig“, unterstreicht Professor Hohenwarter die Bedeutung des Naturparks.

 

Bildergalerie – Der Dobratsch

Gerlitzen Alpe – Familien-Bergerlebnis

Lässt man den Blick weiter Richtung Nord-Westen schweifen, sind an klaren Tagen die Hohen Tauern samt Hochalmspitze zu erkennen. Noch weiter nord-östlich rückt Hausberg Nr. 3 ins Blickfeld: Die Gerlitzen Alpe (1.911 m). Sie haben wir erst gestern besucht. „Vom Plateau am Gipfel hat man einen Rundumblick, der vom Großglockner im Westen bis zum Wörthersee und Klagenfurt im Osten reicht“, schwärmt Manuel Kapeller-Hopfgartner von den örtlichen Bergbahnen, während wir mit der Gipfelbahn bergwärts fahren. Vom Ufer des Ossiacher Sees geht es per Kabinen- und Sesselbahn bis auf den Gipfel. Oben könnten wir beschaulich loswandern, Hütteneinkehr inklusive. Entweder Richtung Westen zum Stifterboden und weiter zum Steinernen Tisch? Oder östlich mit Blick auf den Wörthersee? Wir spazieren jedoch zum steinernen „Englischen Turm“ im Süden. Von der Aussichtsplattform neben dem Turm aus beobachten wir Paragleiter. „Die Gerlitzen Alpe ist für uns Paragleiter der perfekte Berg. Bis zum Start kann man per Seilbahn fahren und am Gipfel je nach Wind den passenden Startbereich wählen. Einmal in der Luft warten 25 Minuten Fluggenuss und im Tal gibt es weitläufige Landezonen“, erklärt Maggie Grabner von den Kärntner Flugschulen. Der Berg, genau genommen der Ossiacher See, zieht auch Paragleit-Akrobaten – die Akro-Flieger – an. Sie trainieren hoch über dem See waghalsige Manöver und minimieren, durch die Möglichkeit ins Wasser abzustürzen, ihr Verletzungsrisiko. Von Flug-Lust gepackt wäre es – auch ohne jede Erfahrung – möglich, per Tandemflug ins Tal zu schweben.

 

Bildergalerie – Die Gerlitzen Alpe

Wir aber nehmen mit Manuel die Seilbahn. Knapp vor der Mittelstation lenkt er unser Interesse auf den Funpark samt Waldseilgarten, ein Paradies für Familien mit Kindern, denen Wandern zu langweilig ist. „Mit dem Kids-Bike-Park haben wir gerade erst ein weiteres Highlight eröffnet“, berichtet Manuel. Während der nachfolgenden Fahrt mit der Kabinenbahn ins Tal haben wir direkte Sicht auf Burg Landskron. Im Mittelalter war sie sehr bedeutend und im Besitz des Adelsgeschlechts der Khevenhüller. Heute kommt man hierher, um Greifvögel in der Adler-Arena, Japan-Makaken am Affenberg und das Gourmet-Restaurant zu besuchen oder um entlang der Burgherrenrunde zu wandern.

 

Bildergalerie – Burg Landskron

Die ganze Vielfalt der Berg-See-Region wartet

Schlagartig ist mein Sinnieren zu Ende. Mein Magen meldet sich laut knurrend. Mit Wasser und einer Banane besänftige ich ihn. Denn Frühstück gibt es erst in der Bertahütte. Nach dem Abstieg über den Normalweg. Hohe Felsstufen, loses Gestein und orientierungsmäßig schwierige Passagen machen ihn anspruchsvoll. Eine gute Stunde später nehmen Sepp und ich im Freien vor der Hütte Platz. Wirtin Gisela serviert frische Eierspeis mit Speck und würziges Bauernbrot. Zusätzlich gibt es Hirschsalami und Glundnen Käse, einen speziellen Kärntner Kochkäse. Einen kurzen Anflug von Müdigkeit vertreibt Giselas starker Häferlkaffee. Genüsslich vor der Hütte sitzend überlege ich, was der junge Tag noch bringen könnte. Die Verlockung ist groß, noch eine Weile hier auf 1.500 Meter zu bleiben, ein Schläfchen im Liegestuhl zu wagen und von Giselas Mittags-Köstlichkeiten zu probieren. Kaspressknödel-Suppe, Bratwurst mit Sauerkraut und ihr legendärer Apfelstrudel sprechen dafür. Alternativ könnten wir gleich ins Tal absteigen. Dann wäre ein entspannter Badetag am Strand des Inselhotels im türkisfarbenen Faaker See eine Option. Oder ein Italien-Kurztrip nach Tarvisio. Im Einkaufsstädtchen gleich hinter der Grenze gibt es Mode- und Sportgeschäfte sowie feine Lebensmittelläden und den legendären Markt. Sollte der Sporthunger nach dem Gipfelsieg noch nicht gestillt sein, böten sich neue Klettersteigrouten am nahen Kanzianiberg an. So ist es mit der Qual der Wahl. Das einzige, was feststeht ist, dass dem Tag, der um 3.00 Uhr Früh begann, ein Tag an dem wir ausschlafen folgen wird.

 

Bildergalerie – Badespaß, Bergsport- & Klettervielfalt gepaart mit Altstadt-Erlebnis

INFO: Villach

Die Berg- & Seestadt im Sommer und Herbst

Villachs Berge – alle Infos & Fakten – umfassend und im Detail – als PDF

 

TOURISMUSINFO

Urlaubsregion Villach – Faaker See – Ossiacher See

Peraustraße 32, 9500 Villach, T +43-4242-42000, www.visitvillach.at

 

Allgemein

Villach ist Kärntens zweitgrößte Stadt und Zentrum einer Region mit buntem Angebot: Berge, Seen, Altstadt, Thermalbad und Kärnten Therme in Warmbad-Villach. Touristische Zentren sind neben der Altstadt und Warmbad Villach, der Faaker See und der Ossiacher See inklusive Gerlitzen Alpe. Die Auswahl an Unterkünften ist groß und reicht vom 5-Sterne-Hotel bis zu Campingplätzen.

Villach liegt im Dreiländereck Österreich – Italien – Slowenien und ist schon seit der Römerzeit ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Tarvisio (Italien) und Kranjska Gora (Slowenien) sind nur je 30 Autominuten entfernt.

 

Reisezeit

Sommer: Anfang Mai bis Anfang November. Badeseen Juni bis September. Winter: Anfang Dezember bis Ostern. Ganzjährig: Altstadt & Warmbad.

 

Führer, Karten, Apps

Dobratsch – Der Naturpark und die Schütt
Von Bernd Martinschitz, Hermagoras Verlag
Prächtiger Bildband mit beigefügter Naturpark-Wanderkarte. 29,90 €. Erhältlich beim Naturpark: www.naturparkdobratsch.at

Kompass Wanderkarten
Nr. 062 – Villach – Faaker See. 7,99 €
Nr. 065 – Villacher Alpe – Unterdrautal inklusive Karten-Download. 9,99 €
Nr. 62 – Ossiacher See, Feldkirchen in Kärnten. 9,99 €
www.kompass.de

Rother Wanderführer
Kärntner Seen. 15,40 €
Karawanken und Steiner Alpen. 15,40 €
www.rother.de

Tourenportal-App
Durchdacht & vielfältig, für alle die digital das Beste wollen. Viele Tourenvorschläge. Basis gratis, Pro bzw. Pro+ Versionen ab 24,99 € pro Jahr.
www.tourenportal.at

 

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