Spezielle Voraussetzungen, um mit Klettern starten zu können, braucht es nicht, vor allem wenn man in der Halle beginnt. Klettern ist eine Bewegungsart, die wir Menschen eigentlich beherrschen. Das sehen wir speziell bei Kindern“, weiß Stefan Prohinig. Der Villacher betreibt in seiner Heimatstadt die Kletterhalle I 54, die im Mai den siebenten Geburtstag feiert. „Wenn man sich für das Klettern interessiert, sollte man es einfach probieren. Genau dafür gibt es das Schnupperklettern“, betont der Sportkletterer. In der Folge kann man sich selbst ans Bouldern und an Kletterrouten, gesichert mittels Sicherungsautomat, heranwagen oder in einem Basiskurs mehr Fähigkeiten, insbesondere das Sichern trainieren. Im Fokus bei aufbauenden Kursen steht die Sicherungstechnik, wie man sie auch beim Sportklettern am Fels benötigt. „Ich halte es, auch wenn man draußen klettern will, für ratsam, in der Halle zu beginnen, um Erfahrung zu sammeln“, rät Peter Florian Ortner. Er betreibt die Kletterhalle KLE-SCH samt Klettershop im Gailtal.

Der Höhe bewusst begegnen

Skepsis der Höhe wegen sieht Prohinig nicht als Hindernis. Man könne sich mit Bouldern – Klettern in geringer Höhe, wo man auf Matten am Boden abspringen kann – herantasten. „Bouldern ist ideal, um ein Gefühl für Griffe und Tritte in der Wand zu bekommen“, erklärt der Insider. „Beim Wechsel an Kletterwände (9 bis 16 Meter Höhe) haben manche anfangs ein Problem mit der Höhe. Da ich selbst Höhenangst habe, weiß ich, dass Hallenklettern eine sehr gute ‚Therapie‘ ist“, rät Prohinig sich der Angst zu stellen, etwa indem man behutsam steigert und anfangs mit einem Trainer, der maximale Sicherheit vermittelt, übt. Spezielles zu trainieren, etwa Kraft, bevor man mit dem Hallenklettern beginnt, sieht er nicht als notwendig an. „Gerade am Anfang machen Neueinsteiger, die regelmäßig kommen, von Mal zu Mal deutliche Fortschritte und trainieren, indem sie klettern Kraft und Fähigkeiten. Das betrifft insbesondere Finger- und Unterarmkraft, geschicktes Greifen und technisch richtig, möglichst viel aus den Beinen heraus zu steigen“, erläutert Prohinig.

DIE EXPERTEN

„Klettern ist eine sehr grundlegende Bewegung, die fast jeder beherrscht.“

Stefan Prohinig, begeisterter Sportkletterer und Betreiber der I 54 Kletterhalle Villach. www.kletterhallevillach.at

„Klettern in der Halle ist ein sehr sicherer Sport.“

Peter Florian Ortner, passionierter Bergsportler und Kletterer, Betreiber Klettershop und Kletterhalle KLE-SCH, St. Daniel im Gailtal. www.kle-sch.at

EXPERTENTIPPS

1. Einsteiger

Nicht nur bezüglich Fitness, sondern auch Bekleidung und Ausrüstung betreffend, erfordert Klettern in der Halle kaum Vorbereitung. „Um zu starten braucht es in der Halle gerade einmal sportliche Kleidung. Die gesamte Ausrüstung kann man am Anfang leihen“, sieht Prohinig keine Einstiegsschwelle.

2. Drei Kletter-Varianten

Beim Hallenklettern wird zwischen Bouldern, Toprope und Klettern im Vorstieg unterschieden.

  • Bouldern: Man bewegt sich in Höhen (2 bis 4 Meter), aus denen man sicher auf Matten abspringen kann. Beim Bouldern benötigt man auch keinen Sicherungspartner.
  • Toprope-Klettern: Oben an der Kletterwand läuft ein Seil über eine Umlenkrolle. Beide Seilenden befinden sich unten an der Kletterwand. An einem Ende hängt sich der Kletternde ein. Der Sicherungspartner, via Sicherungsgerät mit dem Seil verbunden, sorgt am Boden stehend dafür, dass der Kletternde nicht abstürzen kann. Das muss geübt werden. Alternativ gibt es Sicherungsautomaten, die es ermöglichen, alleine zu klettern.
  • Klettern im Vorstieg: Deutlich komplexere Sicherungstechnik für Fortgeschrittene.
3. Sichern ist zentral

„Klettern in der Halle ist, vorausgesetzt man führt alles richtig aus, ein sehr sicherer Sport“, erklärt Peter Florian Ortner. „Leider ist es Kletterern oft nicht bewusst, wie wichtig das Sichern ist. Es kommt immer wieder vor, dass ohne Sicherungsgerät gesichert wird. Beim Automatenklettern etwa passiert es, dass aufs Einhängen vergessen wird“, berichtet Kletterexperte Prohinig.

4. Nicht zu schnell zu viel wollen

„Ratsam ist es, sich als Einsteiger Zeit zu geben und seine Technik im Toprope-Klettern zu perfektionieren. Zum viel komplexeren Klettern im Vorstieg sollte man erst wechseln, wenn man beim Toprope sehr fit ist“, so Prohinigs Empfehlung.

5. Hallen für mehr Spaß & Genuss Outdoor

Regelmäßiges Klettern in der Halle hilft dabei, bei allen Arten von Bergabenteuern Spaß und Genuss zu maximieren. Der Tritt ist präziser – beim Wandern, speziell aber wenn Wege felsiger und ausgesetzter werden. Auch für Klettersteige oder Touren mit ungesicherten Kletterpassagen ist Hallentraining hilfreich. „Speziell das Sichern im Vorstieg als Vorbereitung für draußen, kann in der Halle sehr gut perfektioniert werden“, ergänzt Peter Florian Ortner.

AUSRÜSTUNGS-TIPPS

Wenn man nach dem Schnuppern regelmäßig in der Halle Bouldern und/oder Klettern möchte, braucht es Ausrüstungs-Basics: Kletterschuhe. Klettergurt. Bekleidung – Hallen-Kletterhosen, bequeme, eher enge Shirts und Midlayer zum Drüberziehen, wenn man gerade nicht klettert. Chalkbag und Chalk, um trotz verschwitzten Händen einen guten Griff zu haben. Und, außer man klettert ausschließlich an Sicherungsautomaten, ein Sicherungsgerät.

1. Kletterschuhe erst nach dem Schnuppern kaufen

„Kletterschuhe müssen, damit man auf die Fußspitze maximalen Druck in der Wand bringen kann, eng, etwa 1,5 Nummern kleiner als gewohnt, sein. Wer schon vor den ersten Versuchen eigene Kletterschuhe ersteht, kauft sie meist zu groß. Deshalb raten wir dazu, mit Leihschuhen zu beginnen und erst dann eigene zu kaufen“, betont Prohinig.

2. Lange Hose

„Für Einsteiger empfehle ich eine lange Hose, weil die Griffe rau und hervorstehend und die Kletterwände rau sind. Ohne den Schutz der langen Hose kann der Kontakt zu Abschürfungen führen“, rät Ortner.

3. Klettergurt

Zentral ist für Klettern, nicht aber für Bouldern, ein bequemer, gut sitzender Kletter-Hüftgurt (auch Sitzgurt genannt), der die Verbindung zwischen Sicherungsseil und Körper herstellt. Er muss an der Taille sehr gut sitzen, damit der Gurt NICHT über die Hüfte rutschen kann.

4. Sicherungsgerät & Karabiner

Grundvoraussetzung, um verlässlich zu sichern. Der Sichernde hängt sich mit dem Sicherungsgerät, das mit dem Klettergurt meist mittels passendem Karabiner verbunden ist, ins Sicherungsseil. Seine Aufgabe ist sicherzustellen, dass der Kletternde nicht abstürzt. Ist der Gewichtsunterschied zwischen Gesichertem und Sicherer groß, braucht es zusätzliche Sicherungshilfsmittel.

5. Weitere Sicherheitsausrüstung nur für draußen

Helm, Seil, Expressschlingen, Karabiner, Bandschlingen u.v.m. sind Ausrüstungsgegenstände, die man erst beim Klettern am Fels benötigt.

PRODUKT-TIPPS

Getestet und kritisch hinterfragt von Oliver Pichler

 

KLETTERSCHUHE

Kletterschuhe sind meist mit Klettverschlüssen ausgeführt, um sie bequem an- und ausziehen zu können. „Schuhe für Fortgeschrittene sind vorgespannt (gewölbt), Einsteigern empfehlen wir flachere Modelle“, sagt Ortner. Fürs Bouldern gibt es Modelle, deren Gummi über die Zehenspitze gezogen ist, um sie auch von oben her belasten zu können.

„Tarantula und Tarantula Boulder sind bewährte Einsteigermodelle von La Sportiva“, weiß der Gailtaler. Neu und fürs Indoor-Klettern sowie -Bouldern gemacht ist der Kubo. Für etwas Fortgeschrittenere ideal ist der vielseitige Mistral.
LA SPORTIVA – Tarantula € 95,– | Tarantula Boulder € 100,– | Kubo € 140,– | Mistral € 130,–
www.lasportiva.com

„Der Reflex VS von Scarpa ist ein ‚gemütlicher‘ Einstiegsschuh. Fürs Bouldern ist der Origin VS das ideale Einsteigermodell“, erklärt der Ausrüstungsprofi.
SCARPA – Reflex VS € 100,– | Origin VS € 125,–
www.scarpa.com

KLETTERGURTE

Da der Gurt möglichst exakt sitzen muss, um seine Funktion zu erfüllen, gilt es die passende Größe zu wählen. Zur Feineinstellung gibt es an der Taille und an den Oberschenkeln Einstellmöglichkeiten.

„Sehr gefragt sind bei uns vierschnallige (2 an der Taille, je 1 an den Oberschenkeln) Gurte, wie der Corax von Petzl“, sagt Peter Florian Ortner. Neu und noch exakter von ihrer Passform her sind die Gurte Luna (Damen) und Adjama (Herren).
PETZL – Corax € 70,– | Luna bzw. Adjama € 95,–
www.petzl.com

Neu und in der Halle, am Fels aber auch für Klettersteigtouren einsetzbar sind die in je vier Größen für Damen/Herren verfügbaren Gurte Jayne und Jay von Edelrid.
EDELRID – Jayne bzw. Jay € 65,–
www.edelrid.com

SICHERUNGSGERÄTE

„Das Sicherungsgerät sorgt dafür, dass bei einem Sturz das Seil durch den Sichernden blockiert wird, was einen Sturz bis zum Boden verhindert“, erklärt Kletterausrüstungsspezialist Ortner.

Mit dem GriGri+ bietet Petzl einen bewährten Alleskönner und mit dem neuen Neox ein weiteres Top-Sicherungsgerät. Der Karabiner Attache Bar schafft die Verbindung zum Klettergurt.
PETZL – GriGri+ € 120,– | Neox € 130,– | Attache Bar € 20,–
www.petzl.com

Top-durchdacht ist das neue Pinch-Sicherungsgerät von Edelrid. Es verfügt über eine verlässliche Blockierunterstützung und kann ohne Karabiner mit dem Klettergurt des Sichernden verbunden werden.
EDELRID – Pinch € 100,–
www.edelrid.com

BEKLEIDUNG

„Hallenkletterkleidung besteht oft aus Baumwoll-Elastangemisch. Die Hose soll robust sein, um Wandkontakt auszuhalten. Als Oberteil genügt ein T-Shirt“ so der Klettershop-Chef.

Kletterbekleidung von La Sportiva ist was Funktion und Optik betrifft spitze. Etwa die Sierra Rock Pants (Damen), die Labyrinth Pants (Herren) sowie das Magic Tank (Damen) und das Moon Rock T-Shirt (Herren).
LA SPORTIVA – Sierra Rock Pants € 120,– | Labyrinth Pants € 110,– | Magic Tank € 55,– | Moon Rock T-Shirt € 45,–
www.lasportiva.com

Black Diamond bietet zig Teile fürs Hallenklettern. Etwa die Notion Pants und die Sequence Pants. Ebenso das Rope Badge Short Sleeve Tee und das Diamond Crop Short Sleeve Tee für Damen. Alpinist T-Shirts und Diamond Short Sleeve sind Modelle für Herren.
BLACK DIAMOND – Notion Pants € 90,– | Sequence Pants € 95,–| Rope Badge Short Sleeve Tee € 40,– | Diamond Crop Short Sleeve Tee € 45,– | Alpinist T-Shirts bzw. Diamond Short Sleeve je € 40,–
www.blackdiamondequipment.com