Unberechenbare Steigerungen bei Energiekosten. Inflationssprünge. Wechselkurseffekte. Preise, die nur noch kurzfristig machbar sind. Die Unsicherheit, ob man überhaupt ausreichend Mitarbeiter wird einstellen können. Und vieles mehr erwartet uns. Wer nach zwei Covid-19 Jahren hofft, das Maximum an Unberechenbarkeit und Unklarheit wäre überschritten, liegt leider falsch. Der Winter 2022/23 übertrifft an Unplanbarkeit alles bisher Gekannte. Das macht nicht nur die Preisgestaltung für die Schweizer Seilbahnen und ihre Kollegen im übrigen Alpenraum so herausfordernd wie noch nie zuvor. Dazu haben wir mit zwei Experten, Edgar Grämiger von Grischconsulta und Stefan Richter von Smart Pricer, gesprochen.

Edgar Grämiger, Geschäftsführer und Verwaltungsratspräsident der Grischconsulta Beratungen AG
www.grischconsulta.ch

Stefan Richter, Country Manager Deutschland, Österreich, Schweiz der Smart Pricer GmbH
www.smart-pricer.com

Schweiz im Vorteil?

„Die Schweiz wird per se als zu teuer angesehen“, betont Edgar Grämiger. Dabei werde, so der Grischconsulta-Chef, „vergessen, dass es im Euro-Raum in den letzten Jahren eine permanente Inflation gab, während in der Schweiz praktisch keine Teuerung stattfand“. Deshalb ist die Schweiz, was die Skiticketpreise betrifft, konkurrenzfähiger geworden. Neben der Inflation ist der Euro-Franken Wechselkurs der zweite wichtige Faktor. „Wenn der Euro in Relation zum Franken an Wert verliert, relativiert das, aus dem Euro-Raum gesehen, den Inflationsvorteil der Schweiz. Der aktuell so starke Franken macht es für die Schweiz nicht leichter“, erklärt Grämiger. „Wir sehen kein einheitliches Reaktionsmuster der einzelnen Bergbahnen auf die Inflations- und die Währungsentwicklung. Doch durch ihre Vorreiterrolle sind die Schweizer Seilbahnen dank Dynamic Pricing in der Lage, wesentlich flexibler auf die aktuellen Entwicklungen zu reagieren, als ihre Kollegen im übrigen Alpenraum“, sieht Pricing-Experte Stefan Richter die Schweiz in einer vorteilhaften Situation. Die enorme Unsicherheit führt dazu, dass mit der Preisfestlegung so lang wie möglich zugewartet wird. Klar ist einzig, dass die Erhöhung überdurchschnittlich wird ausfallen müssen. Oft wird eine Bandbreite von 5 bis 12 Prozent genannt. „Die Preise werden intern diskutiert. Es findet aber meist noch keine Kommunikation der Preise statt“, attestiert Richter eine Trendumkehr von langfristig im Voraus fixierten und kommunizierten Preisen zu, wenn überhaupt nur unter Vorbehalt bekannt gegebenen Preisen. Das betreffe auch die B2B-Preise etwa für Reiseveranstalter.

Dynamic Pricing als Trumpf-Ass

„Dynamic Pricing war gedacht, um flexibel auf nachfrageseitige Entwicklungen zu reagieren. Genauso gut ist es jetzt einsetzbar, um sich an rasch und massiv verändernde Kosten anzupassen. Das betrifft Steigerungen ebenso wie Senkungen“, analysiert der Grischconsulta-Experte. „Starre Preissysteme sind Vergangenheit. Die Zeit, mit einem intelligenten Pricing-System zu arbeiten, ist spätestens jetzt gekommen“, glaubt Grämiger. Es ist dieses mehr an Flexibilität, auch noch während der laufenden Saison reagieren zu können, das den zentralen Vorteil der Dynamic-Pricing-Modelle ausmacht. „Ich sehe unsere Kompetenz darin, zu empfehlen wie und mit welchen Tools man auf Marktgegebenheiten sowie Kostenentwicklungen, insbesondere bei Strom, Treibstoffen und Mitarbeitern, reagieren aber auch die Preissensitivität der Gäste mitberücksichtigen kann“, fasst Pricing-Profi Richter zusammen. Noch einen Vorteil, den Dynamic Pricing in Zukunft bietet, führt Grämiger ins Treffen: „Es kann auch bei dynamischer Angebotsgestaltung angewendet werden, etwa wenn nicht alle Bahnen und Pisten in Betrieb genommen werden.“

Weitere Einflussfaktoren

„Es ist im kommenden Winter – sofern es die befürchtende Energieknappheit gibt – eine Diskussion über den Energiebedarf der Beschneiung zu erwarten“, warnt Edgar Grämiger. Deshalb rät er dazu, auf nationaler Ebene Position zu beziehen. „Ich halte es für gefährlich, in jedem Fall auf vollflächige Beschneiung zu pochen und zu betonen, ohne Beschneiung völlig verloren zu sein“, empfiehlt Grämiger sich auch in dieser Hinsicht vorausschauend zu wappnen.