Karten & Kommunikation 3.0

Zwei gefährliche Denkfehler prägen den Einsatz digitaler Hilfsmittel zur Orientierung und Kommunikation am Berg.

• Denkfehler I: Die Karten-App am Smartphone funktioniert ohnedies immer.
• Denkfehler II: Auch wenn das eigene Mobilnetz einmal nicht funktioniert, hat im Fall des Falles das Handy eine Notfallfunktion, über die man immer Hilfe holen kann.

Denkfehler I lässt sich schnell und günstig lösen: App-Bezahlversionen lassen Karten-Downloads zu. So kann man Karten der Regionen, in denen man sich bewegt, vorab herunterladen. Dann funktioniert die digitale Karte am Handy, inklusive Standortanzeige, auch ohne Netzverbindung gleich gut, wie wenn man ein Netz hätte.

Für Denkfehler II gibt es auch eine Lösung. Sie ermöglicht 100% weltweite Erreichbarkeit via SMS, auch ohne jedes Mobilnetz. Diese Art von SMS-Kommunikation läuft via Satellit. Sie funktioniert im Test sehr gut und verlässlich. Das neueste Gerät, das SMS-Kommunikation via Satellit und alle Funktionen moderner GPS Geräte in sich vereint, hat Garmin im Juli 2019 auf den Markt gebracht. Das GPSMAP 66i ist ein überkomplettes GPS-Gerät inklusive „inReach Technologie“. „inReach“ steht dafür, dass man mit dem Gerät immer und überall auf der Welt, unabhängig von Mobilnetzen, SMS versenden und empfangen kann. Einzige Voraussetzung: direkter Kontakt zum Himmel. Denn die Versendung erfolgt via Satelliten-Netzwerk.

GPS-Alleskönner

Garmins GPSMAP 66i bietet deutlich mehr Funktionen als jede Smartphone-Karten- & Outdoor-App. Und es verspricht größere Genauigkeit als Apps, hat längere Akku-Laufzeit, ein ausgeklügeltes SOS-System, ist extrem robust und ermöglicht dank „inReach“ besagte Immer- & Überall-SMS-Kommunikation. Ein direkter Vergleich mit einem Smartphone wäre wie Äpfel mit Birnen zu vergleichen und ist daher nicht zielführend. Punkto Funktionalität, Anwenderfreundlichkeit oder SMS-Eingabe ist das neue Garmin-Gerät vergleichbar mit einem alten Nokia-Handy ohne Touchscreen. Sehr praktisch ist, dass es per Bluetooth und Garmin-App mit Smartphones in Kombination einsetzbar ist. So lassen sich via „inReach“ zu versendende SMS in der Garmin App „Explore“ tippen, versenden und am gleichen Weg auch lesen. Einige Fakten sind bei dieser SMS-Kommunikation zu bedenken: Versand bzw. Empfang dauern einige Minuten und damit deutlich länger als man es von Smartphones gewohnt ist. Versendbar sind SMS bis maximal 159 Zeichen. Mehr Zeichen muss man auch mehrteilig versenden. Empfangen werden auch SMS, die mehr als 160 Zeichen haben, nur eben in mehreren Teilen. Wichtig für Empfänger ist zu wissen: die SMS kommt von einer „fremden“ Mobil-Nummer. Beim Test von einer österreichischen 0676er Nummer. Sie gesondert als Kontakt im Smartphone des Empfängers anzulegen ist ratsam, um die „inReach“-SMS-Variante für Antworten nur zu verwenden, wenn es beabsichtigt ist.

Während SMS-Kommunikation via Smartphone meist keine extra Kosten verursacht, fällt das Verwenden von „inReach“ spürbar ins Gewicht: Satellitenabonnements, ab 30 Tagen Laufzeit, gibt es, primär für Notfälle gedacht, ab monatlich € 14,99 (Tarif Safety) bzw. wenn man in üblicher Menge SMS schreiben will, ab monatlich € 59,99 (Tarif Expedition). Zusätzlich fallen einmalige bzw. jährliche Kosten (€ 24,99 bzw. € 29,99) an.

Wer alle, teils sehr umfassend-komplexen Funktionen eines modernen GPS-Geräts mit zuverlässiger Kommunikationsmöglichkeit kombinieren will, ist mit dem GPSMAP 66i hervorragend ausgerüstet. Wem es einzig um die „inReach“-SMS-Kommunikation geht, könnte auch auf das Garmin „inReach“-Mini zurückgreifen, das in Kombination mit einem Smartphone funktioniert.

Sehr praktikable App-Lösungen

Nicht jeder, der Draußen elektronisch navigieren will, braucht ein GPS-Gerät. Gängige Smartphone-Apps sind sehr gut für die Orientierung während vieler Outdoor-Abenteuer geeignet. Zentrale Vorteile sind, dass man alle Funktionen mit einem Gerät, das man sowieso mit dabei hat, abdecken kann und dass man im Umgang mit dem Smartphone bereits vertraut ist. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Smartphone-Displays zusätzlich zur Touchscreen-Funktion deutlich größer (etwa 5,8 Zoll beim iPhone Xs) sind, als die von GPS-Geräten (etwa 3 Zoll beim Garmin GPSMAP 66i).

Nachteil Nr. 1, die Nicht-Onlineverfügbarkeit von Karten, wenn das Mobilnetz schwach ist, lässt sich durch Bezahl-Versionen, die Kartendownloads ermöglichen, wettmachen. Weitere Nachteile sind höherer Akkuverbrauch durch den App-Einsatz während der Tour und eine etwas geringere Genauigkeit (Höhe, Wegstrecke, Koordinaten) als sie professionelle GPS-Geräte bieten.

Für den Privateinsatz am Berg bieten Apps wie „Bergfex Touren“, „Kompass-Wanderkarten“ oder „Ortovox Bergtouren“ sehr gute Lösungen inklusive Karten-Downloadfunktion, Trekking, Desktop-Versionen für die Planung zuhause u.v.m.

Karten & Führer – unersetzlich

Trotz aller digitalen Möglichkeiten, sind Wanderkarten und Wanderführer unverzichtbar. Sie bieten mehr Gesamtüberblick als der größte Bildschirm. Sie stehen immer und ohne Akku- oder Netzbedarf zur Verfügung. Und weil eine Karte oder einen Führer in der Hand zu halten für viele gerade auch jüngere Outdoorsportler zum Bergerlebnis dazugehört. Die kontinuierlich steigenden Verkäufe der auf Printprodukte spezialisierter Verlage wie Kompass oder Rother zeugen davon. Das mag auch damit zu tun haben, dass beide Verlage Print und Digital nicht als Widerspruch sehen, sondern das Miteinander fördern. Kompass bietet mit seiner „Wanderkarten“-App die unbestritten beste und aktuellste Kartografie im App-Bereich und wer eine Kompass-Printkarte kauft, erwirbt damit automatisch auch den Onlinezugang zum entsprechenden digitalen Ausschnitt. Und Rother bietet neben GPS-Daten der dargestellten Touren eine Vielzahl von Führern auch in App-Form sowie Führer als E-Books an.