„Die Schweizer Seilbahnen und Bahnen hatten bis vor kurzem Digitalisierungs-Nachholbedarf. Mittlerweile haben sie bei der Digitalisierung etwa ihre österreichischen Kollegen überholt“, betont Gilberto Loacker von Alturos Destinations. Digitalisierung helfe, so der Experte, die heutigen Wünsche der Gäste, bezogen auf das Buchungsverhalten, zu erfüllen. „Der wesentlichste Grund, dass in der Schweiz die Digitalisierung besser funktioniert, ist, dass auf Kantonebene Digital-Fusionen von Anbietern und Destinationen zu gemeinsamen Marktplätzen mit viel Geldeinsatz gefördert werden“, lobt der Experte. „Wir sind dabei, mit Kunden digitale Marktplätze auszurollen. Etwa ab Winter 2020/21 kantonweit für das Wallis, initiiert von der kantonalen Tourismusorganisation. Oder ab Sommer 2021 in ganz Graubünden, mit der Rhätischen Bahn als Motor, sowie im Kanton Luzern, wo 72 Bahngesellschaften digital vereint werden“, verrät Loacker. „Auch mit der Preisgestaltung befassen sich die Schweizer aktiv, um von alten, einmal pro Jahr fixierten, hin zu dynamischen Preisen und neuen Preismodellen, auf Basis digitaler Möglichkeiten zu kommen. Ziel dieses Experimentierens, das nicht immer nur positive Effekte bringt, ist, den wirtschaftlichen Erfolg der Seilbahn- bzw. Bahnanbieter zu erhöhen“, nennt der Alturos-Manager ein weiteres Feld, in dem die Schweiz Vorreiter ist.

 

Innovativ bei Seilbahnprojekten

„Auch wenn die Schweizer Bahnen im Durchschnitt weniger modern sind als die in Österreich und nach wie vor Pendelbahnen das Bild prägen, sind sie Vorreiter was die Innovations- und Investitionsbereitschaft bei außergewöhnlichen Projekten betrifft. Bestes Beispiel: die Cabrio-Bahn auf das Stanserhorn. Und es gibt in der Schweiz mehr spannende Bahnen, auch historische Zahnradbahnen oder andere Schienenbahnen, bei denen alleine die Fahrt schon sehr beeindruckend ist“, betont Christian Lang von Pronatour. „In der Schweiz wurden bisher oft nur die Berg-/Talfahrten verkauft. Nun stellen wir fest, dass die Schweizer österreichische Sommer- und vor allem Familien-Erlebniskonzepte, wo statt Fahrten Gesamterlebnisse geboten werden, interessiert beobachten“, berichtet der Pronatour-Experte. Ein aktueller Tipp von Christan Lang ist Kronberg in Appenzell: „Der Zipline-Park & die Märliwelt sind ein Beispiel dafür, wie man rund um die Talstation der Seilbahn einen Anziehungspunkt schaffen kann, für den Eintritt lukriert werden kann.“

 

Gästezufriedenheit top. Schwächen bei Komfort & Freundlichkeit

„Die Gästezufriedenheit ist in der Schweiz sehr hoch. Höher als in Österreich und Frankreich. Einzig italienische Skigebiete – sie haben sich dabei in den letzten Jahren beachtlich gesteigert – überflügeln die Schweiz“, erläutert Mike Partel von Mountain Management Consulting. „Bei der Bewertung des Beförderungskomforts hingegen ist Österreich absoluter Spitzenreiter“, zitiert Partel aus seiner „Best Ski Resort 2020“-Studie, für die er alle zwei Jahre die Gästezufriedenheit in 55 Top Skigebieten im Alpenraum untersucht. Die Komfort-Einschätzung habe viel mit der Modernität der Seilbahnanlagen zu tun. Und dabei seien Österreichs Skigebiete Vorreiter. „Auch bei der Freundlichkeit überflügeln italienische und österreichische Skigebiete die Schweizer“, betont der Experte. Eine zentrale Frage der Zukunft, der sich, so Partel, Seilbahn- & Destinationsmanager stellen müssen, lautet: Wie viele Gäste verträgt mein Skigebiet? „Im Winter 2020/21 wegen Covid-19 und längerfristig der Zufriedenheit der Gäste wegen, dürfte die Devise bald ‚Qualität vor Quantität‘ lauten. Es ist eine Herausforderung, wie künftig ‚Masse‘ an neuralgischen Punkten im Skigebiet zu managen sein wird“, weiß Partel um die Gratwanderung zwischen wirtschaftlichem Erfolg und Zufriedenheit der Gäste. Aktuell würden sich Gäste bezüglich „Befüllungsgrad“ in der Schweiz und in Italien zufriedener zeigen als in Österreich oder Frankreich.

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