Die Wälder prächtig bunt. Die Almwiesen goldig braun. Wattebauschartiger Nebel unten im Tal. Die Luft kühl und klar. Die Fernsicht gewaltig. Das alles macht den Herbst zur idealen Wanderzeit. Wie lange er dauert ist nicht klar festmachbar. Je später Schnee in großen Mengen fällt, desto länger dauert er. Oft bis weit in den November.

Doch der Herbst hat auch Tücken. Sie zu kennen ist umso wichtiger, je ambitionierter man seine Herbsttouren anlegen will. „Es ist meist deutlich kälter als im Sommer. Die Tage sind kürzer. Das bedeutet, dass es viel früher dunkel wird. Daher ist es gerade im Herbst wichtig früh zu starten, keine extrem langen Touren zu machen und immer eine Stirnlampe mit dabei zu haben“, rät Florian Wieser von der Tourismusregion Sterzing in Südtirol. „Es ist im Herbst mit deutlich mehr Tau und damit Feuchtigkeit zu rechnen. Dadurch wird es rutschiger“, weiß Miriam Kitzbichler aus dem Tiroler Kaiserwinkl. Sich im Rahmen der Tourenplanung vorab nach Hütten- und Bergbahnen-Öffnungszeiten zu erkundigen, lautet ein weiterer Tipp der Wanderexpertin aus dem Kaiserwinkl. „Dass es oft schon deutlich kälter ist als im Sommer und die Temperaturen am Morgen auch Richtung Null Grad gehen können, gilt es kleidungsbezogen zu beachten. Eine dicke Jacke, Handschuhe und eine Mütze sollte man standardmäßig dabei haben“, betont der Sterzinger Bergfex Florian Wieser. „Warme Wechselkleidung und warme Getränke mitzunehmen“, empfiehlt Kitzbichler weiters.

Die ExpertInnen

Miriam Kitzbichler
Region Kaiserwinkl, Tirol
www.kaiserwinkl.com

Gerda Walli
Region Wiener Alpen, Niederösterreich
www.wieneralpen.at

Florian Wieser
Region Sterzing, Südtirol
www.sterzing.com

Tourenwahl & Tourenplanung

Damit die angedachte Herbstwanderung – ob gemütlich oder anspruchsvoll-sportlich – ein lässiges Erlebnis wird, gilt es bei Auswahl und Planung der Tour gewissenhaft zu sein. So empfiehlt es sich, im Herbst speziell auf die sonnen- bzw. schattenseitige Ausrichtung zu achten. Südexponierte Strecken sind zu bevorzugen. Bei nordseitigen Passagen sollte man auf Feuchtigkeit sowie vereiste bzw. schneebedeckte Stellen vorbereitet sein. Ist es im Tal neblig, so kann man nicht automatisch davon ausgehen, dass „oben“ die Sonne scheint. Hier sind Webcams im Nahbereich der geplanten Tour hilfreich, um die Wetterlage in Echtzeit zu checken. Da viele Hütten im Herbst bereits geschlossen haben, ist es unumgänglich ausreichend Essen und Getränke mit dabei zu haben. Insgesamt ist der Herbst nicht die Zeit für überambitionierte Touren, die man zum ersten Mal bewältigen will. Bewegt man sich auf unbekanntem Terrain, sollte man mehr zeitlichen Spielraum einplanen und eher kürzer als länger unterwegs sein. Bei instabilen Wetterlagen sollte man robuste wasserfeste Kleidung (Jacke & Hose) mithaben und darauf achten, dass die Schuhe wirklich wasserdicht sind. Denn Nasswerden ist an kalten Tagen im Herbst deutlich unangenehmer als im Sommer.

 

Herausragende Regionen

Regionen, die sich besonders gut fürs Herbstwandern eignen, bieten vielfältige Möglichkeiten in niederen und mittleren Höhenlagen, können mit attraktiven sonnenexponierten Routen aufwarten und verfügen über Hütten sowie Bergbahnen, die möglichst lange im Herbst geöffnet haben. Drei grundverschiedene Regionen begeistern uns ganz besonders: Der Kaiserwinkl im nordöstlichsten Teil von Tirol. Die Wiener Alpen mit Rax, Schneeberg & Co. Und der Großraum Sterzing in Südtirol, wo man zusätzlich zu talnahen Touren und Möglichkeiten im mittleren Höhen unterwegs zu sein, auch „schnelle“ 3.000er-Gipfel zur Wahl hat.

Kaiserwinkl

Eingebettet zwischen Chiemgauer Alpen und Kaisergebirge breitet sich der Kaiserwinkl aus. Die Hauptorte Rettenschöss im Westen, das zentrale Walchsee, Kössen im Osten und Schwendt im Südosten, eignen sich als Ausgangspunkte für gemütliche, talnahe Wanderungen ebenso wie für Touren auf die Gipfel der Region. Einer der bekanntesten ist der Heuberg (1.603 m) hoch über dem Walchsee. „Der Heuberg ist auf einer weitestgehend einfachen Rundtour erlebbar“, schwärmt Kaiserwinkl-Expertin Miriam Kitzbichler. Das Unterberghorn (1.773 m) ist ein weiterer bekannter Gipfel der Gegend. Bequeme Bergerlebnisse sind dank der Bergbahnen Hochkössen und Zahmer Kaiser bis weit in den Oktober möglich. Ein Tipp für Familien und Wanderer, die es gemütlich-informativ lieben, ist der Schmugglerweg Klobenstein entlang der Tiroler Ache ab Kössen. Sportliche kommen auf Klettersteigen nahe der Ottenalm auf ihre Rechnung. Drei von mäßig schwierig (B) über schwierig (D) bis extrem schwierig (D/E) stehen zur Wahl, um von der Alm hinauf auf die Harauer Spitze (1.117 m) zu gelangen.
www.kaiserwinkl.com

Wiener Alpen

Prädestiniert fürs Herbst-Wandern sind die Wiener Alpen mit Rax, Schneeberg, Wechsel, Semmering und Hohe Wand. Das liegt an ihrer Vielfalt und daran, dass sie kaum über 2.000 Meter hinausragen. „Am Übergang zwischen hochalpin und eben gibt es enorm viele Landschaftsformen“, erläutert Gerda Walli von den Wiener Alpen. Deshalb wird die Region als „Paradies der Blicke“, mit im Herbst besonders farbenfrohen Perspektiven, bezeichnet. Neben der Schneebergbahn gibt es auf der Rax, am Semmering und in Mönichkirchen die Möglichkeit bis Ende Oktober bzw. Mitte November bequem per Seilbahn nach „oben“ zu gelangen. Ein weiterer Pluspunkt ist die gute Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Vielfältig sind demnach die im Herbst empfehlenswerten Touren: Das Hüttenhüpfen auf der Rax ist als Ein- oder Mehrtageswanderung möglich. Der Schneeberg ist ab Bergstation der Bahn auf einem leichten Rundweg erwanderbar, bietet aber auch zahlreiche anspruchsvolle Touren. Ein Highlight am Semmering ist das „Bahnwandern“. Der Weg führt durch prächtige Natur und ermöglicht immer wieder eindrucksvolle Blicke auf Europas erste Hochgebirgsbahn. Familien mit Kindern sind der Kindererlebnisweg auf der Hohen Wand und der „Bakabu“-Erlebniswanderweg in Hochneukirchen zu empfehlen. Die beiden Wanderdörfer Mönichkirchen und Kirchberg am Wechsel warten mit zahllosen Tourenmöglichkeiten auf. Und Rax wie Hohe Wand sind bekannt für ihre Kletter- bzw. Klettersteigrouten, allen voran der Haidsteig auf der Rax.
www.wieneralpen.at

Sterzing und Umgebung

Im Oktober und November gibt es viele gute Gründe, um Sterzing, Südtirols nördlichste Stadt, samt umliegender Täler anzusteuern. Ein Bummel durch das sympathische, historische Handelszentrum ist vielleicht noch keine Wanderung. Definitiv „wandern“ ist Törggelen, auch wenn Genuss – süßer Most, Eisacktaler Wein, Hausmannskost, Kastanien u.ä. – im Mittelpunkt steht. „Typisch für die Region ist, dass von unseren über 2.000 Meter hohen Bergen aus, die zahlreichen umliegenden 3.000er in der klaren Herbstluft, dank bester Fernsicht, zum Greifen nah erscheinen“, weiß der Insider Florian Wieser. „Die farbenprächtigen Herbststimmungen unserer Lärchenwälder sind faszinierend schön. Von ober der Waldgrenze hinunter auf die Farbenpracht zu blicken, kann ich nur empfehlen“, rät der Sterzinger. Es ist die Mischung aus niedrigeren und höheren Bergen in Kombination mit talnahen Routen, etwa vom Dorf Trens zur Burg Sprechenstein, die Sterzing zum Geheimtipp machen. „Man kann bei uns bis weit in den Herbst hinein, dank der zahlreichen hoch gelegenen Schutzhütten, wie der Landshuter Europahütte auf 2.693 m direkt an der Grenze im Pfitschtal, sehr gut 3.000er-Gipfel erreichen. Einer davon ist der Hochfeiler (3.509 m)“, erklärt Wieser. Ein leicht machbarer Gipfel ist der Zinseler (2.422 m). Ab Penser Joch ist er binnen 60 bis 90 Minuten erreichbar. Belohnt wird man „oben“ mit einem großartigen Rundumblick inklusive Aussicht auf den Sterzinger Talkessel.
www.sterzing.com

Know how – Herbst-Wandern

Wandern und Bergtouren im Herbst sind (fast) nicht anders als Touren im Sommer. Und doch ist es ratsam, einige Details zu bedenken:

Allgemein

  • Deutlich kürzere Tage als im Sommer
  • Speziell – frühes Dunkelwerden nach Umstellung auf Winterzeit
  • Deutlich niedrigere Temperaturen & sehr große Temperaturunterschiede zwischen Sonnen- und Schattseite
  • Morgentau – und damit nasse Wiesen, rutschige Wege, feuchter Fels
  • Oft schon Minusgrade über Nacht = eisige Stellen, speziell in der Früh und am Vormittag, möglich
  • Mit ersten Neuschneefeldern muss gerechnet werden
  • Bei Regen wird es schnell unangenehm kalt
  • Hütten und Seilbahnen haben womöglich nicht mehr geöffnet

Ausrüstung

  • Handschuhe und Haube
  • Stirnlampe
  • Warme Isolationsjacke
  • Isolations-Überzieh-Short bzw. -Rock
  • Bei unsicherem Wetter: Robuste, wasserdichte Kleidung
  • Robustere Schuhe
  • Spikes
  • Mehr Wechselkleidung, um sich öfter umziehen zu können
  • Warme Getränke in Isolierflasche
  • Biwaksack
  • Smartphone & Powerbank