Road-, Gravel- oder Mountainbike? Ohne oder mit E-Antrieb? Wenn Mountainbike dann Fully oder Hardtail? Schon wegen der zahllosen verschiedenen Modelle ist man bei der Wahl des passenden Rads hoffnungslos überfordert und auf professionellen Rat angewiesen. Das gilt umso mehr, da für so manches E-Bike fünfstellige Summen verlangt werden. „Die Entwicklung im Bikebereich ist gigantisch. Besonders viel hat sich in den letzten zwanzig Jahren getan“, betont Norbert Kostel, ehemaliger Radrennfahrer und Olympiateilnehmer mit eigenem Radshop in Klagenfurt. „Radfahren ist die international am stärksten wachsende Sportart. Der Rennradboom der 1980er Jahre wurde vom Mountainbikehype abgelöst. Ihm folgten die E-Bike-Welle und zuletzt der Aufstieg der Gravelbikes, einer Mischform aus Rennrad und Mountainbike“, konkretisiert Paco Wrolich, Rad-Experte der Kärnten Werbung und ehemaliger Radprofi. „Viele Rennradler wechseln von der Straße hin zum Gravelbiken, um dem Verkehr auszuweichen und die Natur zu genießen. Nicht nur deshalb ist bei Gravel aktuell das Wachstum am größten“, berichtet der vielfache Tour de France-Teilnehmer. „Die Nachfrage nach modernen Gravelbikes ist gewaltig“, pflichtet ihm Norbert Kostel bei.

 

Biken ist in – speziell auch bei Frauen

„In allen Bikebereichen beobachte ich immer mehr Frauen, die vor allem mit Gravelbikes und Rennrädern, aber auch mit Mountainbikes unterwegs sind. Früher sah man vereinzelt sportlich radfahrende Damen. Heute ist ihr Anteil erfreulich hoch“, ist Radshopchef Kostel begeistert. „Das hat auch damit zu tun, dass es vielfach speziell für Damen gemachte Räder, Schuhe, Bekleidung und Helme gibt“, ergänzt Wrolich.

Gleichzeitig, so die Experten, ist in fast allen Bikebereichen der Trend hin zum E-Bike unaufhaltsam. Besonders verbreitet sind Trekking-E-Bikes, aber auch bei den Mountainbikes werden, so der Insider, hauptsächlich Fully-Modelle mit E-Antrieb gekauft. „Auf Kärntens Radwegen sind heute 70 Prozent E-Biker unterwegs“, weiß Wrolich. „Viele, die ohne E-Bike nicht oder nicht mehr radgefahren sind, sind dank E-Unterstützung wieder begeistert auf zwei Rädern unterwegs“, berichtet Kostel.

DIE EXPERTEN

„Immer mehr Damen fahren Rad. Der Frauenanteil ist mittlerweile sehr hoch.“

Norbert Kostel, Klagenfurter, ehem. Radrennfahrer und Olympiateilnehmer, Radfachhändler: Kostels Radshop, Steingasse 98 in Klagenfurt

 

„Gravel ist im Bikebereich das Segment mit dem größten Wachstum.“

Paco Wrolich aus Latschach am Faaker See, ehem. Radprofi (u.a. vielfach Tour de France), Rad-Experte der Kärnten Werbung. www.kaernten.at/rad

EXPERTENTIPPS

Der Spaß steht beim Biken im Vordergrund. Deshalb raten die Experten Neu- und Wiedereinsteigern nicht überambitioniert los zu legen und mit langen, schweren Ausfahrten zu starten oder falschen Stolz zu zeigen, nach dem Motto „natürlich kann ich radfahren“.

1. Fitness & Gesundheitscheck

Auch am E-Bike muss man treten. Um Freude am Radeln zu haben braucht es Grundfitness, Gleichgewichtssinn und gutes Sehvermögen. Ein ärztlicher Herz- & Kreislauf-Check sollte selbstverständlich sein.

2. Welches Rad für wen?

Vor dem Weg ins Fachgeschäft sollte man sich darüber Gedanken machen, was man mit dem neuen Drahtesel machen will, wo und wie viel man mit ihm unterwegs zu sein plant, ob man ihn aufs Autodach heben oder in den Keller tragen muss usw. Eine Idee ist, vorab mit einem Leihrad des gewünschten Bike-Typs ein Fahrtechnik-Schnuppertraining zu absolvieren.

3. Fahrtechnik trainieren!

Mit einem neuen Rad sollte man die Fahrtechnik i.w.S. trainieren. Zu bremsen, gekonnt zu lenken, abwärts zu fahren u.v.m. sind unter Prof-Anleitung zu üben. „Bergabfahren ist mit den schweren E-Bikes für viele ein Problem“, weiß Norbert Kostel. Fahrtechnik-Trainings bieten Bikespezialisten wie die Sportschule Krainer in Feld am See (www.sportschule.at) regelmäßig an.

4. Po und Sattel müssen sich anfreunden

Wer länger – etwa während des Winters – nicht am Rad gesessen ist, weiß, dass sich Po und Sattel erst wieder aneinander gewöhnen müssen. Deshalb sollten die ersten Ausfahrten nicht zu lang dauern und nicht zu ambitioniert sein.

5. Versicherung für Bike & Fahrer

Eine Haftpflichtversicherung sollte jeder Biker haben, kann es doch passieren, dass man einen Unfall u.ä. verursacht. Viele Haushaltsversicherungen bieten eine solche Haftung. Ebenfalls versichern sollte man sein (teures) Bike etwa gegen Diebstahl. „Es gibt auch Versicherungen, die Verschleiß – Bremsen, Kette usw. – abdecken“, ergänzt Kostel.

6. Möglichst am Radweg fahren!

„Bitte verwendet, wo zumutbar, Radwege! Fast täglich sehe ich Rennradler, die auf der Straße fahren, obwohl es einen schönen Radweg gibt“, appelliert Paco Wrolich.

7. Fairplay

Passionierte Radfahrer wie Mr. Nockbike Wolfgang Krainer von der gleichnamigen Sportschule weisen darauf hin, dass man als Biker Rücksicht auf die Natur und die anderen nehmen muss. Es sind nur legale, freigegebene Strecken zu befahren und das, um das Wild zu schonen, nur von 9 bis 19 Uhr bzw. ab 1. September bis 17 Uhr.

AUSRÜSTUNG

Mit dem Bikekauf alleine ist es Punkto Equipment nicht getan. Hier die Tipps der Profis:

I. Helm & Protektoren

„Einen Helm zu tragen ist als Radfahrer des Selbstschutzes wegen Pflicht“, stellt Experte Kostel klar. Beim Mountainbiken werden überdies diverse Protektoren empfohlen.

II. Pedal-Schuh-System

Wer sportlich radfahren will, sollte zu Clip-Pedalen samt passendem Schuh greifen. Damit ist ungeplantes Abrutschen vom Pedal ausgeschlossen (Details siehe Kasten). Wer keine Erfahrung mit solchen Pedalsystemen hat, muss den Umgang samt seitlicher Fußbewegung, um den Fuß vom Pedal zu trennen, üben.

III. Trinkflaschen, Trinksystem & Verpflegung

Getränk und Verpflegung muss man auf jeder Tour dabei haben. Ob mittels am Rahmen fixierter (Thermos-)Trinkflasche, Getränk im Rucksack oder Trinksystem (Trinkschlauch führt zu Trinkblase im Rucksack oder Hüftgurt – top etwa die Lösungen von SOURCE: www.epmsports.at). Auch etwas zum Essen – Energieriegel o.ä. – sollte man dabei haben.

IV. Bekleidung & Co

Das wichtigste Kleidungsstück beim Biken ist die gepolsterte Hose (Details siehe Kasten). Bikeshirts haben in der Regel Taschen an der Rückseite, etwa um Energieriegel und dünne, leichte, klein packbare Wind-/Regenjacken zu verstauen. Geschmacksache sind Handschuhe (meist Half-Finger-Modelle). Sportbrillen (Details siehe Kasten) zählen zur Standardausrüstung.

V. Sportuhr, Bikecomputer & mehr

Sportuhren und Smartphone-Apps erfüllen wesentliche Bike-Trackingfunktionen. E-Bikes sind in der Regel mit Displays ausgestattet, die Tracking- und Navigationsfunktionen bieten. Wer es noch genauer inklusive vieler Zusatzfunktionen (Licht, Dash-Cam usw.) haben will, greift zu den herausragenden GARMIN-Bikeprodukten: www.garmin.com.

VI. Reparaturset

Mit dabei haben sollte man ein Reparaturset inklusive Schlauch und Pumpe, um sich bei einem Problem (Reifendefekt, Kettenriss o.ä.) selbst helfen zu können.

PRODUKT-TIPPS

Kritisch hinterfragt und teils getestet von Oliver Pichler

BIKES

Ein Bike für alle Fälle gibt es nicht. Ganz im Gegenteil, die Vielzahl an zur Wahl stehenden Biketypen mit oder ohne E-Unterstützung ist riesig. Zur Wahl stehen sportliche Road-, Gravel- und Mountainbikes zu Preisen zwischen € 1.000 und deutlich über € 10.000.

Roadbikes
„Roadbikes werden bei uns meist ohne E-Motor gekauft“, verrät Kostel. Zahlreiche Firmen bieten in Ausführung, Technik, Gewicht und Design unterschiedliche Modelle, für die es vielfach auch Reifen verschiedener Breite gibt. Als Einsteiger-Serie bewährt sind die Allez-Modelle (€ 1.200,– bis € 2.500,–). Für ambitioniertere Radsportler gemacht sind die Roubaix-Bikes (€ 2.500,– bis € 14.000,–). Beide stammen von SPECIALIZED. www.specialized.com

Gravelbikes
„Gravelbiken erlebt einen Boom. Logisch, dass die passenden Bikes sehr nachgefragt sind. Wir verkaufen davon auch Modelle mit E-Unterstützung, aktuell mehrheitlich aber solche ohne“, erklärt der Klagenfurter Radprofi. Beispielhaft für diese Bike-Gattung sind die Nuroad-Modelle (€ 899,– bis € 5.999,–) ohne E-Antrieb sowie die mit E-Motor ausgestatteten Nuroad Hybrid-Modelle (€ 3.999,– bis € 6.999,–) von CUBE. www.cube.eu

E-Mountainbikes
„E-Bike Fullys (vollgefedert) sind bei uns im Bereich der Mountainbikes die hauptsächlich nachgefragte Produktgruppe. Modelle ohne E-Unterstützung und Hardtails (nur Gabelfederung) sind, wenn überhaupt, nur im Einsteigerbereich gefragt“, weiß der ehemalige Rennfahrer. Empfehlenswert sind etwa die Patron E-Bike Fullys von SCOTT (€ 6.499,– bis € 10.999,–). www.scott-sports.com

SCHUHE & PEDALE

Für sportliches Biken sind Pedal-Schuh-Systeme, um den Schuh fix mit dem Pedal zu verbinden, ratsam. „Aussteigen“ kann man einfach durch seitliches Ausdrehen. „Speziell aufwärts kann damit der Schuh nicht vom Pedal rutschen und man kann nicht nur treten sondern auch nach oben ziehen“, betont Norbert Kostel. Diese SPD-Pedale gibt es u.a. von SHIMANO, etwa PD-ME 700 (€ 62,99) oder PD-M9120 (€ 174,99) ebenso wie kompatible Schuhe, etwa SH-EX 500 (€ 139,99). www.shimano.com

HOSEN MIT POLSTERUNG

Po und Sattel müssen, damit Biken Spaß macht, gut zusammenspielen. Um Druck- und Reibestellen zu minimieren sind Hosen mit Polsterung ein Muss. „Wichtig ist beim Radhosenkauf zu bedenken, dass es eigene Modelle für Damen und Herren gibt“, lautet Kostels Tipp. Zig Bike-Hosen, alle mit Sitzpolsterung, in Damen- und Herrenausführung, bietet LÖFFLER. Etwa – heuer neu – die Mountain-/Gravelbikehose Laura/Leon (€ 199,99) und die Rennradhose Bike Tights Hotbond RF SQL (€ 149,99). www.loeffler.at

SPORTBRILLEN

Fahrtwind, Mücken und Sonne sind Gründe, warum Experten beim Biken zum Tragen von Sportbrillen raten. Wichtig ist – und das muss man probieren – dass Brille und Helm gut harmonieren. Ratsam ist, dass sich die Brillengläser (Vario-Scheiben) an die Lichtverhältnisse anpassen. Ein Highlight in Sachen Helligkeitsanpassung ist die neue Bot 2+ (ab € 349,–) von OUT OF. Die batterielos elektronisch gesteuerten Gläser passen ihre Tönung in weniger als einer Sekunde der Helligkeit an. Superleicht dafür aber mit „normalen“ Vario-Gläsern ausgeführt ist die Piuma (ab € 191,–). www.out-of.com